Abb. 1: Tim Leura Tjapaltjarri, Yam Spirit Tjukurrpa, 1972, Holz, 54 x
70 cm,
abgedruckt in: Bardon, Geoffrey: Papunya Tula. Art of the
Western Desert, McPhee Gribble, Melbourne 1991, S. 120
Abb. 2: Tim Leura Tjapaltjarri, Seven Sisters Tjukurrpa, 1973, Acryl auf
Holz,
abgedruckt in: Benjamin, Roger und Weislogel, Andrew C. (Hg.):
Icons of the Desert: Early Aboriginal Paintings from Papunya,
Herbert F. Johnson Museum of Art, Cornell University, New York
2009, S. 32
Die spirituelle Verbindung zum Land und säkulare Narration
Tim Leura Tjapaltjarri
malte eine Serie von sechs Bildern zum Thema "Yam Spirit", eine
Buschnahrungsgeschichte par excellence, weil die Yamswurzel eine
der großen Nahrungsressourcen in der Wüste ist. Dem
Knollensystem der Yam sind Menschen und Tiere angefügt: Dingos,
eine Krähe, Frauen die Holzgefäße tragen, Krieger mit Speeren
und Schilden etc. Die Figuren sind in der gleichen weißen Farbe
wie die Pflanze gemalt um anzudeuten, dass beide das gleiche
spirituelle Maß besitzen. Es ist selten, dass ein Bild die
spirituelle, untrennbare Verbindung von Mensch, Land bzw.
Pflanze oder Tier in solch großer Deutlichkeit auch für den
nicht-indigenen Betrachter lesbar macht. Die hell gepunkteten
Flächen zeigen Gras, die dunklen Stellen, an denen das Gras
niedergebrannt wurde auf der Suche nach den Knollen.
Die spirituelle Verbindung vom Menschen zu seiner Umwelt wird dem Betrachter in Form säkularer Narrationen mitgeteilt. Sie dienen zur Überlieferung des Wissens, der Regeln des sozialen Zusammenlebens und stellen in ihrer Gesamtheit und tieferen Bedeutung, die dem Außenstehenden nicht mitgeteilt wird, das Weltbild, die Tjukurrpa (1) der indigenen Australier dar. Als Beispiel mag die Geschichte zum Bild "Seven Sisters Tjukurrpa" von Tim Leura Tjapaltjarri aus dem Jahr 1973 dienen:
Ein Mann hatte sieben Schwestern geheiratet. Eines Morgens ging
er auf die Jagd in einem sehr felsigen Teil des Landes und
erlegte ein Känguruh. Durch den Geruch des toten Tieres zog der
Mann die Aufmerksamkeit eines Ahnen, eines Riesen auf sich. Der
Ahn tötete den Jäger mit seinem Speer. Er kochte das Känguruh
und den Jäger, ging zu den sieben Frauen und gab ihnen das
Gekochte zu essen. Davon wurden sie krank; und als sie
bemerkten, was sie gegessen hatten, rächten sie sich, indem sie
ein Gift zubereiteten, das der Ahn trank. Er wurde sehr krank
und starb. Die Schwestern flogen mit Hilfe des zeremoniellen
Yam-Stocks in den Himmel, wo sie für alle Zeiten als Sterne am
Nachthimmel stehen, die Plejaden.
Die Seven Sisters-Tjukurrpa ist eine Geschichte, die in vielen verschiedenen Variationen von Wirrimanu (Balgo) in Nordwesten bis zum über 2000 km entfernten Murray River in Südaustralien erzählt wird und ein Heiratstabu beinhaltet; deshalb ist sie so grausam.
Im Bild ist der zeremonielle Aspekt festgehalten und betont durch die Positionierung des Yam-Stocks im oberen Zentrum. Dass der Himmel zu sehen ist, wird ganz offensichtlich durch die Abbildung der Milchstraße.
Anmerkungen
(1) Die Schreibweise von Tjukurrpa variiert je nach verwendeter
indigener Sprache. Die Pintupi schreiben Tjukurrpa, die Warlpiri
Jukurrpa.